Geschichte der Flugsicherung in Deutschland
Die konfliktreiche Entwicklung von einer Luftpolizei zu einem privaten Dienstleister
Milger, Peter
Es begann mit der Verbeamtung…
Am 7. Juli 1973 drohten Passagiere das Vorfeld des Düsseldorfer Flughafens zu stürmen. Ursache ihrer Verzweiflung: Fluglotsen hatten den Start ihrer Maschine stundenlang verzögert. Die herbeigerufene Polizei konnte die Entnervten nur mühsam von ihrem Vorhaben abbringen. Polizei holte hundert Tüten Milch, titelte die Frankfurter Rundschau am nächsten Tag.
Sechs Monate war die Flugsicherung im Jahr 1973 fast täglich in den Schlagzeilen der Medien, weil die Lotsen für die Passagiere quälende und für die Unternehmen der Luftfahrt kostspielige Verzögerungen im Luftverkehr herbeiführten. Sie selbst nannten ihr Vorgehen Dienst nach Vorschrift, in den Medien war vorzugsweise von Slow go und Bummelstreik die Rede.
Dieser Streik, der keiner sein durfte, weil Lotsen kein Streikrecht zugebilligt wurde, war der Höhepunkt eines 30 Jahre lang schwelenden Arbeitskampfes: einsamer Rekord in der Geschichte der sozialen Konflikte, die in der Bonner Republik ausgetragen wurden.
Es begann mit der Verbeamtung der Fluglotsen im Jahr 1962, die für die meisten Betroffenen eine schlechtere Bezahlung und eine Verminderung ihrer Aufstiegschancen mit sich brachte. Ihr Verband (VDF) versuchte zunächst mit Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit darauf aufmerksam zu machen, dass das Beamtenrecht ihrer besonderen Arbeitsweise nicht gerecht werde. Sie sei geprägt von hoher Konzentration, unmittelbarer Verantwortlichkeit und Beherrschung einer sich ständig weiter entwickelnden Technik. Die Politik reagierte nur, wenn die Lotsen sich zeitweise derart an die Vorschriften hielten, dass es zu Verzögerungen kommen musste. So kam es mehrfach zu einem Deal: Die Lotsen versprachen ihren Dienst normal zu versehen und die zuständigen Minister setzten Kommissionen ein, die eine grundlegende Reform vorbereiten sollten. Resultat jedes Mal: Die Reform verlief im Sande.
Notorisch quergelegt haben sich immer wieder höhere Ministerialbeamte und der Beamtenbund, die die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ms Feld führten und mit juristischen Argumenten reformbereite Politiker aushebelten. Die besondere - eben moderne Dienstleistung der Lotsen passte einfach nicht in das Weltbild dieser Hüter des Beamtentums.
Das heißt, der Arbeitskampf hatte auch eine gesellschaftspolitische Dimension. Klassisch formuliert spielte er sich im Konfliktfeld zwischen Tradition und Moderne ab, wie andere Auseinandersetzungen in der Bonner Republik auch.
Über die Flugsicherung ist schon viel geschrieben worden, allerdings meist unter aktuellen Aspekten. Was noch ausstand, war die hier skizzierte Einordnung. Der über große Strecken dramatische Verlauf des Konflikts macht die hier vorgelegte Geschichte der deutschen Flugsicherung zu einer spannenden Geschichte. Sie endet, so viel sei verraten, mit der Gründung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH im Jahr 1992.
Die DFS hat die Arbeit des Autors unterstützt, ohne auf die Sichtweise, Stil und Inhalt Einfluss zu nehmen. Peter Milger verwendet neben Dokumenten vor allem die Darstellungen der damals mit dem Thema befassten Journalisten als historische Quellen, die sich im Einzelnen natürlich nicht mehr nachrecherchieren lassen.
Gebundene Ausgabe, Großformat
251 Seiten / pages
mit vielen Abbildungen und Dokumenten
sehr gut erhalten
Langen - 2008 - Peter Milger und DFS Deutsche Flugsicherung
Art.Nr. 23303